Das ist Teil 1 der Reihe über Muḥammad bin Abdulwahhāb und die Najdis.
Muḥammad bin Abdulwahhāb ist der Gründer der Bewegung der Najdis, auch genannt Najdiyyah oder Wahabiten. Jedoch ist anzumerken, dass diejenigen, die sich heute auf ihn berufen, sich selbst nicht als Wahabiten zu bezeichnen. Das heutige Saudi-Arabien beruft sich bis heute auf die Lehren von Muḥammad bin Abdulwahhāb. Ebenso wie Katar. Und diverse Prediger und Social-Media-Akteure, auch im deutschen Sprachraum, berufen sich auf Muḥammad bin Abdulwahhāb.
Er wurde in 1115 nach Hijrah (1703) in Uyayna im heutigen Saudi-Arabien geboren. Uyayna liegt in der östlichen Provinz Najd auf der Arabischen Halbinsel, wo sich der Kern seiner späteren Gruppierung bilden sollte. Daher stammt auch der Name »Najdi« bzw. »Najdiyyah«, welches die geografische Herkunft der Gruppierung bezeichnet. Gemäß verfügbaren Informationen war zu dieser Zeit Uyayna im Najd eine der einflussreicheren Städte.
Er stammte aus einer Familie, die sich mit dem Islamischen Wissen beschäftigte. Der Bruder von Muḥammad bin Abdulwahhāb, Sulaymān bin Abdulwahhāb, lernte, genau wie Muḥammad, von ihrem gemeinsamen Vater und übernahm später das Richteramt in Uyayna nach dem Tod von seinem Vater, der es zuvor innehatte. Sulaymān bin Abdulwahhāb war einer der ersten öffentlichen Kritiker von Muḥammad bin Abdulwahhāb. Er schrieb gegen und widerlegte die Ansichten seines Bruder und er war öffentlich gegen ihn gerichtet.
Der Vater von Muḥammad bin Abdulwahhāb war, wie bereits erwähnt, ein Gelehrter im Najd. Jedoch stimmte auch sein Vater Abdulwahhāb bin Sulaymān, genau wie sein Bruder Sulaymān, nicht mit Muḥammad bin Abdulwahhāb überein. Das berichtet Imām Muḥammad bin Abdullah bin Ḥumayd al-Ḥanbalī (رحمه الله), der Muftī der Ḥanābilah in Mekka in seiner Zeit, in seinem as-Suḥub al-wābila alā ḍarā’iḥ al-Ḥanābila wie folgt:


السحب الوابلة على ضرائح الحنابلة ٤١٥ عبد الوهاب بن سليمان بن علي بن مشرف بوزن محمد التميمي النجدي
Er erwähnt dort den Vater von Muḥammad bin Abdulwahhāb, Abdulwahhāb:
وهو والد محمد (…) لكن بينهما تباين مع أن محمدا لم يتظاهر بالدعوة إلا بعد موت والده
Er schreibt, dass er der Vater von Muḥammad bin Abdulwahhāb ist und dass zwischen ihnen jedoch ein Unterschied besteht. Muḥammad begann erst mit der Verkündung seiner Lehre nach dem Tod seines Vaters.
وأخبرني بعض من لقيته عن بعض أهل العلم عمن عاصر الشيخ عبد الوهاب هذا أنه كان غضبان على ولده محمد لكونه لم يرض أن يشتغل بالفقه كأسلافه وأهل جهته ويتفرس فيه أن يحدث منه أمر فكان يقول للناس يا ما ترون من محمد من الشر فقدر الله أن صار ما صار
Er erzählt weiter, dass ihm einige der Leute des Wissens berichteten, dass Abdulwahhāb sauer auf Muḥammad bin Abdulwahhāb war. Weil Muḥammad bin Abdulwahhāb sich nicht mit Fiqh beschäftigen wollte. Und er prognostizierte das Übel von Muḥammad bin Abdulwahhāb bereits vor seiner Verkündung.
وكذلك ابنه سليمان أخو الشيخ محمد كان منافيا له في دعوته ورد عليه ردا جيدا بالآيات والآثار
Er sagt weiterhin, dass der Bruder von Muḥammad bin Abdulwahhāb, Sulaymān, seine Lehre verleugnete und ihn mit den Versen aus dem Qur’an und den Aḥādīth widerlegte.
Die Lehre von Muḥammad bin Abdulwahhāb wich ab von der Lehre sämtlicher Gelehrter in seiner Zeit und vor seiner Zeit. Das sagt auch Imām Ibn Fayrūz al-Ḥanbalī (رحمه الله) in seinem ar-Radd ʿalā man kaffara ahl al-Riyāḍ:


ابن فيروز الرد على من كفر أهل الرياض ومن حولهم من المسلمين ٣٤
Dort sagt Imām Ibn Fayrūz al-Ḥanbalī (رحمه الله) über Muḥammad bin Abdulwahhāb:
Nicht einer von den Toten und Lebendigen ist seiner abscheulichen Abhandlung zuvorgekommen.
Imām Ibn Fayrūz al-Ḥanbalī (رحمه الله) sagt hier, dass niemand, weder von den jetzt Lebendigen noch von den bereits Gestorbenen, jemals mit so einer Lehre, wie Muḥammad bin Abdulwahhāb, kam. Dies weist auch ganz klar die Behauptung von seiner Sekte zurück, dass sie angeblich dem Weg der Salaf folgen würden.
Muḥammad bin Abdulwahhāb hielt sich, wie Imām Ibn Ḥumayd ebenfalls berichtet, ausschließlich an Ibn Taymīyya und seinen Schüler Ibn al-Qayyim und berief sich auf ihre Aussagen. Wobei das keinesfalls Ibn Taymīyya und Ibn al-Qayyim gleichstellen soll mit Muḥammad bin Abdulwahhāb. Auch wenn er sich auf beide berufen hat und sich ihnen zuschrieb. Das wird von Imām Ibn Afāliq al-Ḥanbalī (رحمه الله) in seinem Risalah an ʿUṯhmān bin Maʿmar, dem damaligen Amīr von Ibn Abdulwahhābs Heimatstadt Uyayna, berichtet. Imām Ibn Afāliq al-Ḥanbalī (رحمه الله) klärte Ibn Maʿmar auf, welcher folglich Ibn Abdulwahhābs Lehre verließ. Ibn Maʿmar (رحمه الله) wurde später ermordet.
Muḥammad bin Abdulwahhāb hatte einige Eigenheiten in seinem Verständnis von Tauhīd, welche ihn dazu veranlassten, den Takfīr auf die Muslime dieser Zeit zu sprechen und sie mit der Zunge und dem Schwert zu bekämpfen. Wir werden in den folgenden Beiträgen noch genauer und detailliert auf die einzelnen Fehlpunkte eingehen und belegen, dass sein Verständnis keine Basis im Islam hat.
Und auch Muḥammad bin Abdulwahhāb und die Najdis selbst machten kein Geheimnis daraus, dass sie jeden anderen außer sich als irregeleitet ansahen. Entsprechend sind auch die überlieferten Aussagen von Muḥammad bin Abdulwahhāb in ar-Rasāʾil al-Sakhṣiyya:



الرسائل الشخصية، الرسالة الثامنة والعشرون
So sagte Muḥammad bin Abdulwahhāb:
Und ich berichte euch von mir selbst. Bei Allah, es gibt keinen anderen Gott außer ihm, ich suchte nach Wissen und wer mich kannte, meinte, dass ich wissen hatte. Und zu jener Zeit kannte ich nicht die Bedeutung von lā ilāha ill Allāh. Und ich kannte nicht den Dīn des Islams vor dieser Wohltat, welche Allah mir zuteilwerden ließ. Und ebenso meine Lehrer. Von ihnen gab es keinen, der es (den Islam und das Glaubensbekenntnis) kannte. Wer also von den Gelehrten von al-Āriḍ behauptet, dass er die Bedeutung von lā ilāha ill Allāh kannte, oder dass er die Bedeutung des Islams kannte, vor dieser Zeit, oder (wer) von seinen Lehrern behauptet, dass einer von ihnen jenes kannte, so hat er gelogen, verleumdet und den Menschen unklar gemacht.
Wie wir anhand dieser Aussage erkennen können, sah Muḥammad bin Abdulwahhāb niemand anderen, außer sich und seine Bewegung, als Leute des Tauḥīd an. Entsprechend ist nachzuvollziehen, warum er sich berufen gefühlt hat die Leute zu seiner Lehre aufzurufen und später, samt seiner Bewegung, gegen die Muslime gekämpft und sie getötet hat. Denn nach seinem Glauben waren es keine Muslime und kein Islamisches Gebiet (Dār al-Islām), sondern Kuffār und somit sahen er und seine Anhänger kein Problem darin sie zu bekämpfen. So erwähnte einer der Schüler von Muḥammad bin Abdulwahhāb, Ibn Ġannām, in seinem Tārīkh:


تاريخ ابن غنام، الفصل الأول في بيان ما جرى في تلك الأزمان من الشرك والضلال والطغيان في نجد والحسا وغيرهما مما يليهما من البلدان، ج١ ص١٧١
Ibn Ġannām sagte:
Die meisten Menschen in seiner (Muḥammad bin Abdulwahhābs) Zeit waren durchtränkt mit Dreck, beschmutzt mit dem Schmutz der Unreinheiten, bis sie sich in Shirk vertieft haben
Ibn Ġannām sagt hier selbst, dass er und die Sekte von Muḥammad bin Abdulwahhāb daran glauben, dass vor Muḥammad bin Abdulwahhāb angeblich die Menschen in Shirk vertieft waren und dass Muḥammad bin Abdulwahhāb angeblich derjenige war, der alle Gelehrten in Dār al-Islām korrigiert hat. Genau, wie der Glauben einer Sekte aufgebaut ist.
An einer anderen Stelle geht Ibn Ġannām auf die Vorwürfe gegen ihre Sekte ein, und zwar, dass sie den Takfīr auf die Muslime machen. Und Ibn Ġannām entgegnet mit dem Verständnis der Najdis, und zwar, dass sie angeblich lediglich auf Mušrikūn den Takfīr machen. Damit ist von den Büchern der Najdis selbst erwiesen, dass sie den Takfīr auf die Muslime und Gelehrten in Dār al-Islām nicht nur gemacht haben, sondern, dass sie sie auf einer Stufe mit Götzendienern gestellt haben.


تاريخ ابن غنام، رسالة إلى أهل الرياض، إلى عبد الله بن عيسى، ج١ ص٤٠٤
Ibn Ġannām sagte:
Wahrlich, wir haben nicht den Kufr (den Takfīr) auf die Muslime gemacht, sondern wir haben auf niemanden den Kufr (den Takfīr) gemacht, außer die Mušrikūn.
Und diesen Dammbruch durch die Sekte der Najdis haben auch die Gelehrten dieser Zeit beschrieben. Die Najdis haben eine völlig neue Glaubenslehre postuliert, die zur Folge hatte, dass sie durch ihr verzerrtes Verständnis die Muslime, die den Kufr gegenüber dem Tāghūt machen, das islamische Rechtssystem etabliert haben und die Muslime in Dār al-Islām beschützt und gelehrt haben, nicht als Muslime, sondern als Kuffār ansahen, es sei denn, sie akzeptierten ihre Überzeugungen.
Und so beschreibt Imām Ibn Fayrūz al-Ḥanbalī (رحمه الله) in seinem ar-Radd ʿalā man kaffara ahl al-Riyāḍ:


ابن فيروز، الرد على من كفر أهل الرياض ومن حولهم من المسلمين، ص٦٠
Imām Ibn Fayrūz (رحمه الله) sagt:
Und von dem bekannten ist, dass Ibn Abdulwahhāb und seine Anhänger, wenn sie einer wegen des Takfīrs auf die Muslime tadelt, sagen sie: „Wir machen keinen Kufr (Takfīr) auf einen Muslim“
Muḥammad bin Abdulwahhāb und die Anhänger seiner Sekte sahen also die Muslime, Gelehrte und die einfachen Leute als unwissend über den Kern des Islams an. Die Verkündung von Muḥammad bin Abdulwahhābs Glaubenslehre hatte mehrere Abschnitte. Seine Anhänger, wie Ibn Ġannām, versuchen in ihren Werken, wie al-ʿIqd ath-thamīn, sogar eine Ähnlichkeit zwischen ihrer Sekte und dem Werdegang des Gesandten Allahs (صلى الله عليه وسلم) zu suggerieren.
Abdulwahhāb, der Vater von Muḥammad bin Abdulwahhāb, starb in Ḥuraymilāʾ im Jahr 1153 nach Hijrah (1741). Danach verkündete Ibn Abdulwahhāb seine Lehre in ʿUyayna und, nachdem er von Ibn Maʿmar aus ʿUyayna vertrieben wurde, ging er nach Dirʿiyya, wo er bereits zwei Brüder des Anführers der Stadt, Muḥammad bin Saʿūd, für sich gewinnen konnte. ʿUthmān bin Bishr, ein weiterer Anhänger der Sekte, der, ähnlich zu Ibn Ġannām, die Anfänge der Sekte in dem Buch, was er ʿUnwān al-Majd nannte, aufgezeichnet hat, und auch Ibn Ġannām selbst, verzeichnet das Ereignis, als Muḥammad bin Abdulwahhāb schließlich nach Dirʿiyya kam und sich mit Muḥammad bin Saʿūd verband. Das Bündnis zwischen den beiden ist die Grundlage vom Emirat von Dirʿiyya, dem ersten Staat der Najdis.
Dieses Bündnis ist bis heute, zwar in anderer Form, aber im Kern noch halbwegs erhalten, in Saudi-Arabien lebendig. Dieser Staat, das Emirat von Dirʿiyya, breitete sich aus, verbreitete die Glaubenslehre von Muḥammad bin Abdulwahhāb und führte auch Krieg gegen die Muslime. Und die Beweise von den Ermordungen der Muslime durch Muḥammad bin Abdulwahhāb und seine Anhänger sind zahlreich. Sie selbst erzählen stolz von ihren Kriegszügen gegen islamisches Gebiet (Dār al-Islām), ihrem Mord an den Muslimen und ihren Zerstörungen.
ʿUthmān bin Bishr an-Najdi beschreibt in seinem ʿUnwān den Angriff der Najdi-Sekte auf die Muslime in al-Aḥsāʾ. Man sollte sich bewusst sein, dass Ibn Bishr diese Gegebenheiten nicht in einem neutralen oder negativen Licht sieht, sondern nach seiner Meinung ist, dass Massaker der Najdis an den Muslimen in al-Aḥsāʾ etwas Positives.


عثمان بن بشر، „عنوان المجد“، ج١ ص٢١٧ و ٢١٦
Ibn Bischr sagt:
„So als es vor dem Sonnenaufgang war, revoltierten die Muslime (er meint die Najdis) mit ihren Gewehren gleichzeitig“
Er beschreibt weiter den Angriff mit teils utopischen Übertreibungen, wie dass der Himmel angeblich schwarz wurde. Danach sagt Ibn Bischr stolz:
„Und viele von den Schwangeren (Frauen) in al-Aḥsāʾ hatten eine Fehlgeburt.“
Ibn Bischr an-Najdi feiert, dass durch den Terror der Najdis viele von den schwangeren Muslimen ihre Kinder verloren haben. Der Anführer der Najdis beim Angriff auf al-Aḥsāʾ war Saʿūd bin ʿAbdulazīz bin Muḥammad bin Saʿūd, der Nachkomme von Muḥammad bin Saʿūd. Er erzählt über ihn und wie er sein Unwesen in al-Aḥsāʾ getrieben hat:
„So hielt er sich in jenem Heim monatelang auf, er tötete wen er töten wollte, er vertrieb wen er vetreiben wollte, er sperrte ein wen er einsperren wollte und er nahm von (ihrem) Hab und Gut“
Und es gibt noch viel mehr Textquellen, welche die Übeltaten der Najdis an den Muslimen dokumentieren. Muḥammad bin Abdulwahhāb starb 1206 nach der Hijrah (1792) in Dirʿiyya, aber seine Ideen und seine Bewegung stifteten noch weiter Unheil. Weswegen wir uns in folgenden Beiträgen mit Allahs Erlaubnis mit seinen Glaubensüberzeugungen und seiner Botschaft beschäftigen werden.