Die Frage, ob Takfir bil Umum eine Realität im Islām hat, hat sich unter den Menschen, die mehr zu Religiösität geneigt sind, verbreitet. Es ist, wie bei vielen Angelegenheiten, eine Frage der Definition. Wenn man die Diskussion verfolgt, so stellt man fest, dass viele aneinander vorbeireden, weil sie gar nicht das Thema an sich verstanden haben und die Frage, die es zu klären gibt, nie definiert haben.
Wenn wir über at-Takfīr bil ʿUmūm reden, dann wollen wir zuerst die Frage beantworten, ob es überhaupt so etwas generell im Islām gibt. Zuerst aber, für diejenigen, die mit dem Thema nicht vertraut sind: Was ist at-Takfīr bil ʿUmūm? Im gegenwärtigen Zeitgeist versteht man darunter die Frage, ob man die Menschen, die in einem Gebiet, welches im Fiqh des Islāms, als Ungläubig festgelegt ist, auch allgemein als Ungläubig ansieht und welche Anzeichen an einer Person vorfindbar sein müssen, dass man sie als Muslim akzeptiert.
Dies bedingt vorweg eine klare Definition darüber, was als Gebiet des Islām eingestuft wird und was nicht.



المعتمد في أصول الدين، أبو يعلى، ٢٧٦
Imām Qāḍī Abū Ya’lā (رحمه الله) sagt in al-Muʿtamad fī Uṣūl ad-Dīn über die Definition von Dār al-Islām, also dem Gebiet, dem Land, des Islāms und über die Definition von Dār al-Kufr:
„Jedes Land, in dem die Urteile des Islāms, nicht die des Kufr, herrschen, so ist es Dār al-Islām. Und jedes Land, in dem die Urteile des Kufr, nicht die des Islāms, herrschen, so ist es Dār al-Kufr“
Gegeben dieser Definition können wir feststellen, dass aktuell kein Dār al-Islām existiert. Wir werden an dieser Stelle nicht tiefer in die Materie eintauchen, da dass genügend Umfang für einen separaten Beitrag darstellt. Fakt ist, dass nach dem endgültigen Fall des Kalifats im ersten Quartal des zwanzigsten Jahrhunderts nach gregorianischer Zeitrechnung der Kufr auch die letzte Erde infiziert hatte und dass die Menschen sich noch weiter vom Islām entfernt haben. Der Irtidād hat viele erreicht, bewusst oder unbewusst, und der Irjāʾ hat sich etabliert.
Wenn man nun also mit der korrekten Linse auf diese Dunyā blickt, so wird man wissen, dass überall Dār al-Kufr ist. Und die Rechtsurteile des Islāms ändern sich bei vielen Angelegenheiten, abhängig des Dār.



كتاب المغني لابن قدامة، ٣٨١ مسألة؛ قال: وإن حمل وبه رمق غسل، وصلى عليه، فصل: وإن وجد ميت، فلم يعلم أمسلم هو أم كافر، ج٣ ص٤٧٨
Imām Ibn Qudāmah (رحمه الله) beschreibt, wie die Regelung bezüglich des Dār ist im Islām:
„Denn die Regel (Aṣl) ist, dass wer in einem Dār (Gebiet) war, so ist er von seinen Leuten. Für ihn ist ihr Urteil bestätigt, sofern nicht über seinen Widerspruch ein Beweis erbracht ist“
Das heißt, dass wer sich in Dār al-Kufr befindet, grundsätzlich urteilsmäßig als Kāfir angesehen wird, bis das Gegenteil für ihn bewiesen wurde, und das ist der erste Aspekt, der bezüglich Takfīr bil ʿUmūm verstanden werden muss. Takfīr bil ʿUmūm ist außerdem eine Angelegenheit des Fiqh, nicht der Fiṭra, wie einige Leute behaupten. Es geht bei diesem Thema darum, welches Urteil man über Menschen vergibt, deren ʿAqīdah man nicht kennt und aufgrund welcher Anzeichen oder Aussagen man sie als Muslime anerkennt. Man redet bei Takfīr bil ʿUmūm von einem Zustand der Ungewissheit und der Annahmen.
Sobald der Kufr einer Person offenkundig wird, das heißt, wenn man eine Aussage oder Tat der Person sieht, die klarer Kufr ist, dann gibt es keine Unklarheit mehr über die Person. Dann gilt, dass wer nicht die Person als Kāfir ansieht, selbst ein Kāfir ist, weil es bindend als Muslim ist, die Urteile des Islāms zu bezeugen und derjenige, der den Menschen ein anderes Urteil gibt, als das Urteil des Islāms, hat dem Urteil Allāhs widersprochen und das ist an und für Kufr. Wichtig zu erwähnen ist, dass nicht jeder Kufr auf der gleichen Stufe ist. Wer in Tauhīd Angelegenheiten Kufr begeht, also beispielsweise Shirk macht, indem er jemand anderen über Allāh stellt, so ist dieser absolute Shirk und Kufr, nicht gleichzustellen mit den verborgenen Angelegenheiten des Fiqh, wo mehr Hinderungsgründe bestehen und die Ḥujja existiert.


كتاب العين، الفراهيدي، باب الكاف والراء والفاء معهما ك ر ف، ك ف ر، ف ك ر، ف ر ك مستعملات
المحقق: د مهدي المخزومي، د إبراهيم السامرائي، الناشر: دار ومكتبة الهلال، عدد الأجزاء: ٨
Der Sprachgelehrte Imām al-Farāhīdī (رحمه الله) sagt in seinem Kitāb al-ʿAyn über die Definition von Kufr:
„Kufr: Das Gegenteil von Īmān. Es wird gesagt, für die Bewohner von Dār al-Ḥarb: Sie sind Kāfir. Das bedeutet: Sie haben sich widersetzt und sich geweigert“
Aus Gründen der Vereinfachung und anderen kann man sich Dār al-Ḥarb hier als gleichbedeutend mit Dār al-Kufr merken. Bisher haben wir feststellen können, dass wir grundsätzlich jeden der sich in Dār al-Kufr aufhält, das Urteil des Kufrs geben und ihn zunächst als Kāfir ansehen. Auch wenn sich in so einem Gebiet ein Muslim aufhalten sollte, so gibt man allgemein trotzdem das Urteil, dass jeder, der sich in Dār al-Kufr befindet ein Kāfir ist und dieses allgemeine Urteil, wird dann von diesen spezifischen Personen auf Tauhīd gebrochen und sie sieht man, nachdem ihr Tauhīd offenkundig geworden und bewiesen wurde, als Muslime an.
Wichtig zu verstehen ist, dass eigentlich ein Muslim sich nicht in Dār al-Kufr aufzuhalten hat, sondern in Dār al-Islām leben muss, was aber natürlich nicht umsetzbar ist, wenn kein Dār al-Islām existiert. Es ist also umso verständlicher, dass der Islām eine harte und klare Haltung gegenüber Dār al-Kufr hat und entsprechend sind auch diese Rechtsurteile einzuordnen. Faktisch schlussfolgern diese Urteile, aufgrund dessen, dass kein Dār al-Islām gegenwärtig existiert, dass man grundsätzlich überall vom Kufr der Menschen auszugehen hat, bis einen etwas Spezifisches von einer Person erreicht.



تلخيص الأدلة لقواعد التوحيد، أبو إسحاق الصفار البخاري، في دار الإسلام ودار الكفر
Imām Abū Isḥāq as-Saffār al-Bukhārī (رحمه الله) bestätigt dieses Urteil in seinem Talkhīs:
„Wisse, dass Dār al-Islām und Dār al-Īmān (sie selbst) sind, weil der Herrschende in ihnen Ahl as-Sunna wa al-Jamāʿa ist. Wer in ihnen ist, wird beurteilt als Muslim und das Erforschen nach seinem Inneren ist nicht erlaubt, außer wessen Erneuerung bekannt ist, mit Gewissheit (Yaqīn). Jedes Gebiet (Dār) in dem der Herrschende die Leute des Iʿtizāl (die Muʿtazila) sind, wie (die Stadt) ʿAskar Mukram, oder ein Fleck, den die Khawārij bemächtigt haben, wie die Berge von ʿUmān und die Dörfer von Sijistān, oder (in) dem die Lehre der Qarāmiṭen vorherrscht, wie (das Königreich) Hijr und Kairo am Tor von Ägypten. So wenn die Ahl as-Sunna in ihnen unterdrückt ist, für sie der Aufenthalt in ihnen nicht möglich ist, außer durch das Verbergen ihres Glaubens, durch Ḏhimma oder Jizya, so ist jenes Gebiet Dār al-Kufr und der Kampf (gegen) seine Anhänger ist Pflicht. Und jeder, der sich in jenem Gebiet (Dār) befindet, so ist er Kāfir, außer wessen Islam offenkundig wird, mit Gewissheit (Yaqīn)“
Hervorzuheben hier ist, dass Imām Abū Isḥāq al-Bukhārī (رحمه الله) hier spezifisch hervorhebt, dass der Islām einer Person in Dār al-Kufr mit Gewissheit gewusst werden muss und dass, wenn dies bei einer Person nicht der Fall ist, diese Person weiterhin als Kāfir beurteilt wird.




كتاب شرح السنة للبغوي، باب تحريم قتله إذا أسلم على أي دين كان، ٢٥٦٢
Imām al-Baghawī (رحمه الله) bestätigt weiterhin, dass das Urteil des Islāms nicht für jeden gleich etabliert wird, sondern abhängig ist, ob die Person den spezifischen Kufr, auf dem sie vorher war, verleugnet:
„Der Imām sagte: Und dies ist für den Dualist (Anhänger des Dualismus), welcher nicht an den Tauhīd glaubt, wenn er mit dem Wort des Tauhīd kommt, wird er mit dem Islām beurteilt (er gilt als Muslim). Danach wird er zu allen Bestimmungen des Islāms gezwungen. Was denjenigen betrifft, der an den Tauhīd glaubt, aber er leugnet die Botschaft, so wird er nicht mit dem Islam beurteilt, alleine durch das Wort des Tauhīd, bis er sagt: ‚Muḥammad ist der Gesandte Allāhs‘ (der zweite Teil der Schahāda). So wenn er dies sagte, ist er Muslim, außer wenn er von denjenigen ist, die sagen: ‚Muḥammad ist speziell entsandt (nur) zu den Arabern‘, so dann wird er nicht mit dem Islām beurteilt alleine durch die Bestätigung der Botschaft, bis er bestätigt, dass er (ﷺ) entsandt ist zu der Gesamtheit der Schöpfung. Danach ist es empfehlenswert, dass er geprüft wird, mit der Bestätigung der Auferstehung und der Lossagung von jedem Dīn, der dem Islām widerspricht. Ebenso ist das Urteil des Murtadd (Abtrünniger vom Islām), der zurückkehrt zum Islām von dem Dīn in welchen er übergegangen war“
Hieran erkennen wir deutlich, dass das Urteil des Islāms nicht jedem direkt gegeben wird, der die Schahāda sagt. Denn, wie Imām al-Baghawī (رحمه الله) erklärt, gibt es Menschen, die die Schahāda auf der Zunge sagen, aber nicht die Bedeutung des Islāms damit ersuchen zu bestätigen, sondern die, beispielsweise die Botschaft des Gesandten (صلى الله عليه وسلم) einschränken, und dadurch trotzdem Kuffār sind.
Und genauso trifft dieses Urteil auf unsere Zeit zu. Denn es gibt Menschen, die die Schahāda sprechen und sich Muslime nennen, während sie sich die Demokratie als Dīn genommen haben und somit in Wahrheit Muschrikūn sind. Genauso die Leute, die behaupten den Tāghūt zu verleugnen, während sie gleichzeitig die Entschuldiger des Kāfirs als Muslime ansehen, oder bei den Namen und Eigenschaften Allāhs, ihn menschliche Eigenschaften zuschreiben oder glauben Allāh habe sich in Seiner Schöpfung niedergelassen, oder ähnlichen Kufr.



كتاب تفسير القرطبي، ٤ آية ٩٤
Imām al-Qurṭubī (رحمه الله) überliefert weiterhin eine Aussage von Imām Mālik (رحمه الله), die das ganze nochmal verdeutlicht:
„(Imām) Mālik sagte über den Kāfir, der gefunden wird, und sagt: ‚Ich bin Schutz suchend gekommen, ich ersuche Sicherheit‘, (Imām Mālik sagt): ‚Dies sind unklare Angelegenheiten. Ich bin der Ansicht, dass er zurückgeschickt wird, zu seiner Zufluchtsstätte und es wird für ihn nicht das Urteil des Islāms festgelegt, weil der Kufr bei ihm bestätigt wurde. So ist es unvermeidlich, dass von ihm erscheint, was bezüglich seiner Aussage beweist.
Es genügt nicht, dass er sagt ‘Ich bin Muslim’ oder ‘Ich bin Gläubiger’ oder zu beten, bis er das Wort des Schutzes sagt, an welches der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, das Urteil festgemacht hat, in seiner Aussage: ‚Mir wurde befohlen, dass ich die Menschen bekämpfe, bis sie sagen: Lā ilāha illā Allāh‘“
In dieser Aussage erwähnt Imām Mālik (رحمه الله) nochmal explizit, dass das Gebet oder die Behauptung Muslim zu sein an sich nicht ausreichen, damit man das Urteil des Islām zugeschrieben bekommt, sondern dass die Schahāda, also ein explizites Bekenntnis notwendig ist. Und wie wir durch die Stelle bei Imām al-Baghawī (رحمه الله) bereits erfahren haben, hat die Schahāda unterschiedliche Stufen und von jedem wird entsprechend seines vorherigen Kufrs eine explizite Lossagung gefordert.



كتاب أحكام القرآن لابن العربي، الاية السادسة والأربعون قوله تعالى يأيها الذين آمنوا إذا ضربتم في سبيل الله فتبينوا، النساء: ٩٤
Imām Qādī Abū Bakr ibn al-ʿArabī al-Mālikī (رحمه الله) erwähnt ebenfalls, genau wie Imām al-Qurṭubī (رحمه الله), die Überlieferung zu Imām Mālik (رحمه الله) bezüglich Takfīr bil ʿUmūm:
„Wenn er zu ihm sagte: ‚Salām ʿalaykum‘, so obliegt nicht, dass er get-t-t¹ wird, bis bekannt ist, was hinter diesem ist, weil es Gegenstand von Unklarheit ist.
(Imām) Mālik sagte über den Kāfir, der beim Weg gefunden wird, und er sagt: ‚Ich bin Schutz suchend gekommen, ich ersuche Sicherheit‘, (Imām Mālik sagt): ‚Dies sind unklare Angelegenheiten. Ich bin der Ansicht, dass er zurückgeschickt wird, zu seiner Zufluchtsstätte und es wird für ihn nicht das Urteil des Islāms festgelegt, weil der Kufr bei ihm bestätigt wurde. So ist es unvermeidlich, dass von ihm erscheint, was beweist bezüglich, dass die falschen Überzeugungen, auf welche durch seine falsche Aussage hingewiesen wurden, geändert wurden (zu) einer richtigen ʿAqīdah, hingewiesen durch seine richtige Aussage.
Es genügt nicht, dass er sagt ‘Ich bin Muslim’ oder ‘Ich bin Gläubiger’ oder zu beten, bis er das Wort des Schutzes sagt, an welches der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, das Urteil festgemacht hat, in seiner Aussage: ‚Mir wurde befohlen, dass ich die Menschen bekämpfe, bis sie sagen: Lā ilāha illā Allāh, so wenn sie es sagen, sind ihr Blut und ihr Vermögen vor mir beschützt, außer mit Recht auf es (durch die Sharīʿa) und ihre Abrechnung ist bei Allāh‘“
Hieran, an der Überlieferung der beiden Mālikiyya, Imām Qādī Abū Bakr ibn al-ʿArabī (رحمه الله) und Imām al-Qurṭubī (رحمه الله), zu Imām Mālik (رحمه الله) erkennen wir, dass Imām Mālik nicht direkt beim Salām, dem Gebet oder sogar der Behauptung einer Person, sie sei Muslim, das Urteil des Islāms festgelegt hat. Sondern Imām Mālik (رحمه الله) hat gefordert, dass die Person eine klare Aussage hervorbringt, die Schahāda, an die das Urteil des Islāms geknüpft wurde. Und wie Imām al-Baghawī (رحمه الله) erklärt hat, ist die Schahāda nicht gleich akzeptiert. Sondern es kommt darauf an, welchem Zustand die Person zuvor zugeschrieben ist. So wie bei einem Einschränker der Botschaft ein Zusatz zur Schahāda notwendig ist, so ist es genauso beim Demokraten oder Mujassim notwendig, dass von ihm hervorgeht, dass er sich von seinem vorherigen Kufr gelöst hat und in den Islām eintritt.



كتاب أحكام القرآن لابن العربي، الاية السادسة والأربعون قوله تعالى يأيها الذين آمنوا إذا ضربتم في سبيل الله فتبينوا، النساء: ٩٤
Imām Qādī Abū Bakr ibn al-ʿArabī al-Mālikī (رحمه الله) zitiert weiterhin Imām Qāḍī ʿIyāḍ al-Mālikī (رحمه الله) über Takfīr bil ʿUmūm. Imām Qāḍī ʿIyāḍ (رحمه الله) liefert hier eine verallgemeinernde Erklärung der Maxime von Takfīr bil ʿUmūm gemäß dem Kriegsrecht des Islāms. Es folgt nach dem Text eine wichtige Erläuterung, damit es nicht zu gefährlichen Missverständnissen kommt:
„Die Gesamtheit der Angelegenheit ist, dass wenn ein Muslim den Kāfir vorfindet, der keinen Vertrag hat, (so ist) seine T-t-ng¹ für ihn erlaubt. So wenn der Kāfir zu ihm sagt: ‚Lā ilāha illā Allāh‘, ist seine T-t-ng¹ nicht erlaubt. So hat er seine Zuflucht gesucht durch den Riemen des Islāms, der von seinem Blut, seinem Vermögen und seinen Angehörigen verbietet. So wenn er ihn nach jenem t-t-t¹, wird er für es get-t-t¹“
Wichtig, um den Geist dieser Textquelle zu verstehen, ist ein grundlegendes Verständnis des Kriegsrechts des Islāms. Denn der beschriebene Kāfir, der keinen Vertrag hat, so handelt es sich um jemanden, dessen Volk sich geweigert hat, die Existenz der Muslime und des Islāms anzuerkennen. Somit leugnet der beschriebene Kāfir das Existenzrecht des Islāms und der Muslime. Nachdem jemandem das Existenzrecht abgesprochen wird, ist der folgende rationale Schritt der bewaffnete Kampf. Selbstverständlich sind solche Menschen nicht unter Schutz gestellt. Es wäre gefährlich, eine Menschengruppe unter Schutz zu stellen, die einem selbst die Vernichtung wünscht oder billigend in Kauf nimmt.
Außerdem, wie bereits erwähnt, geht es hier um das Kriegsrecht im Islām. Die Grenzen davon werden erwähnt, um zu zeigen, was unter keinen Umständen überschritten werden darf und was unter Umständen anwendbar sein kann. Nur weil eine Sache durch das Kriegsrecht legitimiert ist, heißt es nicht, dass sie nicht durch den Amīr politisch eingeschränkt werden kann. Nicht alles, was theoretisch rechtfertigbar ist, ist anzuwenden, genauso bei anderen Rechtsurteilen. Selbstverständlich lässt der Islām die Muslime nicht hilflos gegen ein Volk, das dem Islām und den Muslimen den Krieg erklärt hat, oder ihre Zerstörung billigend in Kauf nimmt, sondern es gibt auch hierfür einen rechtlichen Rahmen.
Die Botschaft hier ist, dass die Schahāda die Person schützt. Wir haben bei den anderen Aussagen, wie der Aussage von Imām al-Baghawī gesehen, dass die Schahāda unterschiedliche Stufen hat und nicht jeder, der es sagt, als Muslim bewertet wird. Das hier ist eine allgemeine Aussage, die auch so richtig ist, aber sie wird durch den entsprechenden Fall spezifiziert.




كتاب أحكام القرآن لابن العربي، الاية السادسة والأربعون قوله تعالى يأيها الذين آمنوا إذا ضربتم في سبيل الله فتبينوا، النساء: ٩٤
Imām Qādī Abū Bakr ibn al-ʿArabī (رحمه الله) erwähnt bezüglich Takfīr bil ʿUmūm erneut, was ist, wenn jemand mit spezifischen Taten des Islāms wahrgenommen wird:
„So wenn er betet oder er macht eine Tat von den Spezifischen des Islāms, und sie sind: Die dritte Angelegenheit: So waren sich unsere Gelehrten in diesem uneinig.
Die Gruppen wichen voneinander ab bezüglich seines Islāms. Wir haben es bezüglich der Angelegenheit der Meinungsverschiedenheit niedergeschrieben. Wir glauben, dass er nicht durch jenes Muslim ist. Was anbelangt, dass gesagt wird zu ihm: ‚Was ist hinter diesem Gebet?‘ So, wenn er sagt: ‚Das Gebet eines Muslim‘ Sagt man zu ihm: ‚Sag Lā ilāha illā Allāh, Muḥammadan Rasūl Allāh‘ So, wenn er es sagt, wird seine Wahrhaftigkeit ersichtlich. Wenn er verweigert, wissen wir, dass jenes ein Schwindel ist.
(…)
Und ebenso ist es (für) denjenigen, der sagte: ‚Salām ʿalaykum‘, er wird verpflichtet mit dem Wort (der Schahāda), so wenn er es sagt, bewahrheitet sich sein richtiges Handeln und wenn er sich weigert, wird sein Widerstand ersichtlich und er wird get-t-t¹. Und dies ist die Bedeutung Seiner Aussage: »So verschafft euch Klarheit« [4:94] Das bedeutet (über) die unklare Angelegenheit oder prüft nach und seid nicht in Eile. Die beiden Bedeutungen sind gleich.
So wenn einer ihn t-t-t¹, so hat er etwas Verbotenes hervorgebracht, ihn erreicht (obliegt) nicht Fidya, Kaffāra oder Wiedervergeltung (Qiṣāṣ). Und asch-Schāfiʿī sagte: ‚Für ihn (den get-t-t-n¹) ist das Urteil des Islāms (festgelegt)‘ Dies ist falsch, weil der Ursprung seines Kufr uns gewiss ist, so kann die Gewissheit nicht durch den Zweifel weichen“
Der Imām erklärt hier über die richtige Herangehensweise und dass man nicht durch das Gebet automatisch als Muslim bewertet wird. In dieser Textquelle sind auch zahlreiche weitere Beweise für die kranken Herzen, denen der Qurʾān nicht reicht, darüber, dass man die Leute zu prüfen hat. Nicht, dass man sie einfach lässt, sobald man die erste Annahme treffen könnte, dass sie vielleicht unter Umständen ja den Tauhīd verstanden haben könnten. Einige Verlorenen sehen sogar das Prüfen generell als Bidʿa an aufgrund ihrer Unwissenheit. Und das, obwohl Allāh selbst das Nachforschen und Vergewissern in Sure 4 Vers 94 den Muslimen befohlen hat!
Und als letzten Punkt möchte ich eine Sache besonders hervorheben. Bezüglich der Menschen, die bezüglich Takfīr bil ʿUmūm eine lockerere Meinung vertreten und schneller den Menschen endgültig das Urteil des Islāms geben, obwohl sie sich in Dār al-Kufr befinden. Wo ist ihre Aufrichtigkeit? Wo rufen sie die Leute, denen sie das Urteil des Islāms geben, auf? Weder prüfen sie über das bloße Wahrnehmen eines Gebetes hinaus, noch handeln sie basierend auf dem Urteil, was sie festgelegt haben!
Nehmen wir ein Beispiel: Sie sehen jemanden, der das Gebet in einer der Einrichtungen, der sog. „DITIB“ verrichtet. Sie würden für die Person das Urteil des Islāms festlegen, auch wenn sie selbst die Menschen mit der ʿAqīdah der sog. „DITIB“ als Kuffār ansehen. Nehmen wir an, dieser Mensch stirbt. Sie selbst müssten somit das Totengebet über diesen Mann verrichten. Sie selbst müssten sich um seine Waschung, sein Begräbnis und die Regelung seines Erbes kümmern. Sie können diese islamischen Angelegenheiten nicht der sog. „DITIB“ überlassen, denn sie bestätigen ja gleichzeitig den Takfīr über sie. Warum handeln sie also nicht nach dem Urteil, das sie festgelegt haben? Weil sie unaufrichtig sind! Ihre Taten gehen nur so weit, wie ihr Nafs sie trägt, und deswegen ersuchen sie auch dieser Meinung zu folgen. Warum rufen sie die Menschen nicht auf, in den Gebetsorten, die sie besuchen? Warum rufen sie die Menschen nicht zur Verkündung des Tauhīd innerhalb dieser Orte und kontinuierlich, nicht nur einmal? Warum reden sie nicht öffentlich gegen die Erneuerungen in diesen Orten?
Wir sehen, dass sie nicht nur den Mushrikūn das Urteil des Islāms geben und sich verweigern, Tabayyan mitten in Dār al-Kufr zu betreiben, sondern sie lassen auch komplett alle anderen Urteile über die Erneuerer fallen und behandeln jeden, der die Schahāda bezeugt oder betet, so als ob er unkritisierbar wäre. Und jeder weiß, dass wenn sie das Manhaj des Islāms an diesen Gebetsorten anwenden würden, dann würden sie herausgeworfen werden und der Kufr der Leute würde spezifische auf die einzelnen Personen klar werden. Wenn sie doch also behaupten, dieser Meinung zu folgen, wieso schweigen sie? Wieso erheben sie nicht ihr Wort gegen diese Leute?
Anmerkung (¹): Diese Worte mussten zensiert werden, auch, wenn es sich lediglich um historische Zitate handelt, die, auch gemäß dem Landesrecht keine juristische Relevanz haben, da sie ja, wie bereits angemerkt und wie aus dem Text ersichtlich ist, lediglich Zitate sind. Grund für die Zensur ist die Zensurpolitik der Suchmaschinen gegenüber islamischen Inhalten.