Dieser Beitrag basiert auf dem Beitrag „Bewertung der Manuskripte und der Arbeit der Muḥaqqiqūn vom sog. Kitāb as-Sunna zugeschrieben zu ʿAbdullāh bin Aḥmad“. Der vorherige Beitrag ist vorab zu lesen.
Wir werden uns nun der Überlieferungskette des Buches widmen. Das Buch, welches uns heute vorliegt, basiert auf einer Überlieferungskette. Wenn wir ein Buch zuschreiben, dann müssen wir mit Gewissheit handeln und dürfen nicht durch unsere persönliche Voreingenommenheit fehlgeleitet werden. Die Überlieferungskette, die uns vorliegt, wird folgendermaßen in den Versionen vorgebracht. Dort steht übersetzt:

كتاب „السنة“،منسوب إلى أبو عبد الرحمن عبد الله بن أحمد ،تحقيق أبو عبد الله „عادل“ بن عبد الله آل حمدان
Ḥamdān sagt:
„Die Ältesten teilten uns mit: Muḥammad bin Aḥmad bin ʿUmar al-Qaṭīʿī, ʿUmar bin Karam bin Abī al-Ḥasan ad-Dīnawarī, Abū Naṣr bin Abī al-Ḥasan bin Qunayda, ʿAbdussalām bin ʿAbdullāh bin Aḥmad bin Bakrān ad-Dāhirī und andere. Sie sagten: Abū al-Waqt ʿAbdulawwal bin ʿĪsā bin Shuʿayb as-Sijzī al-Harawī aṣ-Ṣūfī teilte uns mit, er sagte: Uns berichtete der Sheikh, der Imām, Sheikh al-Islām Abū Ismāʿīl ʿAbd Allāh bin Muḥammad al-Anṣārī von seinem Buch: Es berichtete uns Abū Yaʿqūb Isḥāq bin Ibrāhīm bin Muḥammad bin ʿAbdurraḥmān al-Qarrāb schriftlich: Es berichtete uns Abū an-Naṣr Muḥammad bin al-Ḥasan bin Sulaymān as-Simsār: Es berichtete uns Abū ʿAbdullāh Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid al-Harawī: Es erzählte uns Abū ʿAbdurraḥmān ʿAbdullāh bin Aḥmad bin Ḥanbal Muḥammad bin Ḥanbal“
Zuerst muss das Manhaj festgelegt werden, mit der man die Überlieferungskette analysiert. Und der Muḥaqqiq der Mujassima, Qaḥṭānī, hat in seinem Vorwort zum Buch eine schöne Sache gesagt:

كتاب „السنة“،منسوب إلى أبو عبد الرحمن عبد الله بن أحمد ،تحقيق محمد بن سعيد القحطاني
„Wenn der Beweis der Wahrscheinlichkeit unterliegt, entfällt damit die Schlussfolgerung. So ist (es) erst recht (so), dass, wenn die Überlieferungskette dieser Überlieferungen nicht authentisch ist, so ist ihr Text nicht authentisch, wie ich deutlich machen werde“
Qaḥṭānī sagte dies in seinem Kapitel, in dem er selbst das Buch angegriffen hat, wobei das nicht seine einzige Kritik am Inhalt und den Überlieferungsketten des Buches war. Vielmehr findet man in den Fußnoten des Buches weitere Kritik von Qaḥṭānī am Buch, seinen Überlieferungen und den Ketten. Qaḥṭānī stellt hier ein wichtiges Prinzip auf: Wenn man einen Beweis für eine Sache meint hervorzubringen, dann darf dieser nicht auf Wahrscheinlichkeiten basieren. Und dass, wenn die Überlieferungskette nicht authentisch ist, der Text nicht als authentisch zu bewerten ist. Wir werden bald die Wichtigkeit davon sehen.
Als erster Punkt ist zu nennen, dass in der Überlieferungskette Abū Ismāʿīl ʿAbd Allāh bin Muḥammad al-Anṣārī, heute vor allem bekannt als Abū Ismāʿīl al-Harawī, vorkommt, der in dieser Kette als „Sheikh al-Islām“ bezeichnet wird.
Al-Imām Sheikh al-Islām Tāj ad-Dīn as-Subkī (رحمه الله) erwähnte in seinem Ṭabaqāt ash-Shāfiʿiyya al-Kubrā Abū Ismāʿīl al-Harawī, als er über die Ernennung von Imām Abū ʿUṯhmān aṣ-Ṣābūnī (رحمه الله) zum Sheikh al-Islām berichtete. Er dokumentierte daraufhin die Reaktion der Mujassima:




كتاب طبقات الشافعية الكبرى، تاج الدين ابن السبكي، ٣٦٧ إسماعيل بن عبد الرحمن بن أحمد بن إسماعيل بن إبراهيم ابن عامر بن عابد شيخ الإسلام أبو عثمان الصابوني
„Was die Mujassima in der Stadt Herāt anbelangt, als ihr Gemüt erregt wurde von diesem Titel, wendeten sie sich zu Abū Ismāʿīl ʿAbdullāh bin Muḥammad al-Anṣārī (al-Harawī), der Verfasser des Buches Ḏamm al-Kalām, so benannten sie ihn mit ‚Sheikh al-Islām‘. Der oben genannte al-Anṣārī (Abū Ismāʿīl al-Harawī) war ein Mann von viel Gottesdienst, ein Muḥaddiṯ, jedoch stellte er Verkörperlichung (von Allāh, tajsīm) und Verähnlichung (von Allāh gegenüber Seiner Schöpfung, tašhbīh) zur Schau. Er setzte (die Leute) von Ahl as-Sunna herab und er übertrieb in seinem Buch Ḏamm al-Kalām, bis er davon sprach, dass die Schlachtopfer der Ashʿariyya nicht erlaubt wären. Und ich sah, wie der Sheikh, der Imām, Stellen vom Buch Ḏamm al-Kalām durchstrich und er verbat, sich mit ihm zu befassen“
Er sagt weiter:
„Er (Abū Ismāʿīl al-Harawī) war dieses Titels nicht würdig und vielmehr benannte man ihn mit ihm (dem Titel) fanatisch und gleichsetzend von ihm mit Abū ʿUṯhmān, und er ist nicht dort (auf der Stufe von Abū ʿUṯhmān aṣ-Ṣābūnī)“
Er sagt weiter:
„Ich glaube nicht daran, dass er an die Einigkeit glaubte, sondern ich glaube, dass er an die Verähnlichung (von Allāh gegenüber Seiner Schöpfung, tašhbīh) glaubte und dass er die Ashāʿira herabsetzte und dass jenes durch seine Unwissenheit über ʿIlm al-Kalām und der ʿAqīda der Ashʿariyya war“
Sheikh al-Islām Tāj ad-Dīn as-Subkī (رحمه الله) war nicht der einzige der Abū Ismāʿīl al-Harawī kritisierte. Auch Ibn Taymīyya griff Abū Ismāʿīl al-Harawī an:



„Die Aussage war verbreitet bei vielen von den Ṣūfiyya, so übereinstimmten sie mit Jahm (bin Ṣafwān) in den Angelegenheiten der Taten und der Vorherbestimmung und sie widersprachen ihm in den Eigenschaften (Allāhs), wie Abū Ismāʿīl al-Anṣārī (al-Harawī), der Verfasser von Ḏamm al-Kalām. So wahrlich, er ist von den Übertreibern im Tadel der Jahmiyya bezüglich der Verleugnung der Eigenschaften (Allāhs). Er hat ein Buch über den Takfīr auf die Jahmiyya und er übertrieb beim Tadel der Ash’ariyya, obwohl sie von den nächstgelegenen von diesen Gruppierungen zur Sunna sind“
So lässt sich über Abū Ismāʿīl al-Harawī folgendes sagen: Einige Gelehrten, wie Sheikh al-Islām Tāj ad-Dīn as-Subkī (رحمه الله) und Ibn Taymīyya haben ihn kritisiert, wobei as-Subkī (رحمه الله) an den Kufr von ihm glaubte. Andere Gelehrten, wie beispielsweise Imām adh-Dhahabī (رحمه الله) erwähnen Abū Ismāʿīl al-Harawī als Sheikh al-Islām, obwohl adh-Dhahabī (رحمه الله) ihn auch für eines seiner Bücher kritisierte. So kritiserte Imām adh-Dhahabī (رحمه الله) das Buch Manāzil as-Sā’irīn von Abū Ismāʿīl al-Harawī und er sagte, dass es nicht mit den Salaf übereinstimme. Zudem sagte er, dass Abū Ismāʿīl al-Harawī ein radikaler Atharī gewesen sei, der darauf versessen gewesen sei, die Texte der Ṣifāt zu bestätigen:



„Aber er hat ein merkwürdiges Gemüt, welches nicht dem Atem der A’immā der Salaf ähnelt in seinem Buch Manāzil as-Sā’irīn. So sind in ihm Entzücken stiftende Dinge und in ihm sind problematische Dinge. Wer (über dies) nachdenkt, für den (wird) erscheinen, auf was ich hinweise“
Er sagt weiter:
„Ich sagte: Die Geschöpfe haben daraus Nutzen gezogen und andere waren unwissend. So hat wahrlich eine Gruppe von den Ṣūfī-Philosophen und (Anhängern der) Einigkeit sich seinen Worten in Manāzil as-Sā’irīn unterworfen und sie haben ihm zugeschrieben und behauptet, dass er übereinstimmend ist mit ihnen. Keineswegs, vielmehr ist er ein Atharī-Mann, versessen mit der Bestätigung der Texte der Ṣifāt, sehr abgeneigt gegenüber dem Kalām und seinen Leuten“
Es ist wichtig hervorzuheben, dass, obwohl Imām adh-Dhahabī (رحمه الله) hier gegen Ṣūfī-Philosophen redet, er mit den Najdis nicht übereinstimmt. Denn Abū Ismāʿīl al-Harawī selbst war ein Ṣūfī und Manāzil as-Sā’irīn war ein Buch, welches er über den Taṣawwuf geschrieben hat. So überliefert Imām Ibn Rajab al-Ḥanbalī über Abū Ismāʿīl al-Harawī, dass er ein Ṣūfī war. Er erwähnt bei seiner Vorstellung in Dhayl Ṭabaqāt al-Ḥanābila:


„Der Ṣūfī“
Abū Ismāʿīl al-Harawī war, obwohl es sich die Mujassima wünschen, kein Mujassim, sondern laut adh-Dhahabī ein wahrhaftiger Atharī, nicht wie die Leute, die sich heutzutage Atharī nennen, aber in Wahrheit Mujassima sind. Imām adh-Dhahabī (رحمه الله) überliefert von Abū Ismāʿīl al-Harawī klaren Tafwid. So überliefert Imām adh-Dhahabī (رحمه الله) von Abū Ismāʿīl al-Harawī und dass er daran glaubte, dass Allāh getrennt ist von Seiner Schöpfung, nicht inkarniert an einem Ort, wie die Mujassima es heutzutage behaupten:



„Ich sagte: Das meiste was er in seinem Buch ‚al-Fārūq‘ überliefert ist, ist korrekt und gut. Und in ihm ist ein Kaptiel über die Bestätigung vom Istiwāʾ von Allāh ʿalā ʿArshihi fawqa dem siebten samāʾ, getrennt von Seiner Schöpfung, (belegt) vom Buch (dem Qurʾān) und der Sunna. So zitierte er Beweise (von) jenem von den Āyāt und Aḥādīth … bis, dass er sagte: ‚In verschiedenen Berichten ist, dass Allāh fī dem siebten samāʾ, ʿalā ʿArshihi ist und Sein Wissen, Seine Macht, Sein Hören, Sein Sehen und Seine Barmherzigkeit ist in jedem Ort‘“
Über Abū Ismāʿīl al-Harawī lässt sich zusätzlich folgendes sagen: Er ist einer der Gelehrten der Geschichte, die umstrittener sind als andere. Klassische Gelehrten, die frei vom Kufr der Mujassima sind, sahen ihn als Imām und Sheikh al-Islām an, während andere Gelehrten, die ebenfalls frei vom Kufr der Mujassima sind, daran glaubten, dass er in Tashbīh und somit Kufr war. So bleibt für uns, solange uns kein Beweis über seinen Tashbīh erreicht, keine Möglichkeit, außer zu schweigen. Denn wenn die Gelehrten sein Tashbīh erreicht hätte, so hätten sie nicht gezögert ihn zum Kāfir zu erklären. Was Sheikh al-Islām Tāj ad-Dīn as-Subkī (رحمه الله) betrifft, so hat er seine Ansicht und er als Sheikh al-Islām und großer Imām des Islāms ist eher berechtigt darüber zu reden als wir es sind. Wenn er also davon überzeugt war, dass Abū Ismāʿīl al-Harawī in Tashbīh und somit Kufr war, so ist dies seine Ansicht und wir nehmen das so hin. Wenn letztlich Imām as-Subkī (رحمه الله) falsch liegt und Abū Ismāʿīl al-Harawī keinen Tashbīh oder Tajsīm hatte, so war es der Ijtihād von Sheikh al-Islām und er hätte in diesem Fall nicht die Wahrheit getroffen. Und wenn sich herausstellt, dass Sheikh al-Islām Tāj ad-Dīn as-Subkī (رحمه الله) recht behabt hat, so können wir nur über das urteilen, was uns an klaren Beweisen erreicht hat. Es ist möglich, dass Imām as-Subkī (رحمه الله) etwas erreichte, was uns nicht erreichte. Aber genauso muss man berücksichtigen, dass andere große Gelehrten, nicht nur der Atha’ira, sondern auch Asha’ira, mit Abū Ismāʿīl al-Harawī zufrieden waren und ihn folglich nicht als Kāfir angesehen haben. Dies ist nur möglich, wenn sie nichts über ihn erreicht hat, was Kufr bedingt. So überliefert Imām adh-Dhahabī (رحمه الله) die Zufriedenheit von Imām Abū al-Maʿālī al-Juwaynī al-Ash’ari, Imām al-Ḥaramayn, (رحمه الله) über Abū Ismāʿīl al-Harawī:

سير أعلام النبلاء، الذهبي، ٢٦٠ شيخ الإسلام عبد الله بن محمد بن علي الهروي
Abū al-Waqt al-Sijzī sagte: Ich betrat Nīshāpūr (Stadt im heutigen Iran) und nahm teil bei dem Lehrer Abī al-Maʿālī al-Juwaynī (al-Ash’ari), so sagte er: „Wer bist du?“
So sagte ich: „Der Diener von Sheikh Abī Ismāʿīl al-Anṣārī (al-Harawī)“
So sagte er: „Möge Allāh mit ihm zufrieden sein“
Imām al-Juwaynī al-Ash’ari (رحمه الله) hätte niemals so eine Aussage getätigt, wenn ihn Tashbīh oder Tajsīm von Abū Ismāʿīl al-Harawī erreicht hätte.
Es besteht kein Zweifel, dass Abū Ismāʿīl al-Harawī nicht zufrieden mit den Asha’ira war. Und man muss nicht zufrieden mit den Asha’ira sein, um auf Ahl as-Sunna zu sein. Denn es ist bekannt bei einigen der Atha’ira, dass sie ein Problem hatten mit der Methodik der Asha’ira. Es gibt jedoch einen großer Unterschied zwischen Kritik, oder sogar heftiger Kritik, und die Asha’ira abzulehnen und sie als Kāfirūn anzusehen, was der Weg der Ghulāt der heutigen Mujassima ist. Man darf nicht vergessen, dass Abū Ismāʿīl al-Harawī in der Ära der Muḥaddiṯūn lebte und selbst ein Muḥaddith war. Und wir haben bereits von Sheikh al-Islām Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī (رحمه الله) erklärt bekommen, dass die Muḥaddiṯūn, wenn sie eine Überlieferung mit Kette zitieren, dass sie nicht glaubten, an seine Bedeutung per se gebunden zu sein oder gar damit übereinstimmen müssen. Und dies erklärt die Bücher von Abū Ismāʿīl al-Harawī. Und Imām Ibn Rajab al-Ḥanbalī (رحمه الله) sagte über Abū Ismāʿīl al-Harawī, dass er für sich selbst und für andere der Gelehrten der Überlieferung verfasste, nicht für das allgemeine Volk – darunter auch das Buch Dhamm al-Kalām:

كتاب ذيل طبقات الحنابلة، ابن رجب الحنبلي، ٢٧ عبد الله بن محمد بن علي بن محمد بن أحمد بن علي بن جعفر منصور بن مت الأنصاري
„Er brachte viele Diktate und Lehren heraus, für sich selbst und für andere von den Shuyukh der Überlieferer. Und er diktierte den Ḥadīth jahre(lang). Und er verfasste viele Werke, von ihnen: Das Buch Dhamm al-Kalām“
Und somit bildet sich ein Gesamtbild. Abū Ismāʿīl al-Harawī war gemäß Imām adh-Dhahabī (رحمه الله) ein radikaler Atharī, der dem Kalām und den Asha’ira sehr abgeneigt war, möge Allah mit ihnen barmherzig sein. Er war einer der Muḥaddiṯūn, die, wie bekannt, Überlieferungen mit einer Kette zitieren, jedoch nicht per se, um deren Bedeutung zu bestätigen. Und Abū Ismāʿīl al-Harawī verfasste seine Bücher, gemäß der Aussage von Imām Ibn Rajab al-Ḥanbalī (رحمه الله), für sich selbst und andere Gelehrten der Überlieferung, nicht für das Unwissende Volk, was seine zitierten Überlieferungen leicht missinterpretieren kann und dadurch in Kufr oder Ghulūw fallen könnte.
Trotzdem ist er ein umstrittener Gelehrter und es wäre nachvollziehbar, wenn jemand, der der Meinung von Sheikh al-Islām Tāj ad-Dīn as-Subkī (رحمه الله) folgt, nicht von Abū Ismāʿīl al-Harawī nimmt.
Denn warum sollte man denn etwa von jemandem Überlieferungen akzeptieren, den man als Verbreiter von großem Unheil und Kufr ansieht? Dass er umstritten ist, schwächt die Kette dieses Buches. Wer der Meinung von Sheikh al-Islām Tāj ad-Dīn as-Subkī (رحمه الله) folgt, bewertet die Kette automatisch schwächer. Es ist ein Problem in der Kette, welches verdientermaßen genannt werden muss.
Was außerdem amüsant für die heutige Zeit ist: Die heutigen Mujassima sind Najdiyyah und einer ihrer Anzeichen ist, dass viele von ihnen die Ṣūfis gesamtheitlich ablehnen und gleichsetzen mit den Mushrikūn. Gleichzeitig wollen sie sich auf Abū Ismāʿīl al-Harawī, den Ṣūfi, stützen – also was denn jetzt? Lehnen sie alle Ṣūfis ab oder differenzieren sie zwischen guten Ṣūfis und üblen Ṣūfis? Und wenn sie differenzieren, dann haben sie unseren Weg in diesem Punkt eingeschlagen, denn die Ahl as-Sunna differenziert zwischen ihnen, wie beispielsweise Sheikh al-Islām Fakhr ad-Dīn ar-Rāzī al-Ash’ari (رحمه الله) in seinem Iʿtiqādāt Firaq al-Muslimīn wa al-Mushrikīn.
Und Abū Ismāʿīl al-Harawī ist nicht der einzige Ṣūfi in der Kette. Abū al-Waqt ʿAbdulawwal bin ʿĪsā bin Shuʿayb as-Sijzī al-Harawī aṣ-Ṣūfī, der von Abū Ismāʿīl al-Harawī überliefert, ist auch ein Ṣūfī, wie selbst im Namen zu erkennen ist. Es schwächt die Kette nicht für uns, wenn jemand als Ṣūfī bezeichnet wurde, denn, wie bereits erwähnt, differnziert die Ahl as-Sunna zwischen den Ṣūfīs. Es schwächt sie aber für die Juhalāʾ der Najdiyya, die in ihrer Unwissenheit und ihrem Wahn den Takfīr auf die Gelehrten sprechen, auf die sie sich selbst berufen, SubḥānAllāh!
Ein weiteres Problem in der Kette ist Abū an-Naṣr Muḥammad bin al-Ḥasan bin Sulaymān as-Simsār. So sagte der Muḥaqqiq Muḥammad bin Saʿīd al-Qaḥṭānī in seinem Tahqīq des Buches:

كتاب „السنة“،منسوب إلى أبو عبد الرحمن عبد الله بن أحمد ،تحقيق محمد بن سعيد القحطاني
„Ich suchte viel in den Quellen, die mir zur Verfügung standen, aber ich fand keine Biografie, die (auch nur) nahe ist, (als) dass sie eine Biografie (von) dieser Person ist, außer was erwähnt wurde, in al-Minhāj al-Aḥmad: Muḥammad bin al-Ḥasan bin Aḥmad Abū Bakr as-Simsār (eine ganz andere Person mit anderer Abstammung und anderer Kunya). Ibn Ṯhābit erwähnte ihn, er sagte: ‚Er war Ṣadūq, von den Leuten des Qurʾān. Er starb 388 nach Hijrah‘“
Er bringt hier eine komplett andere Person. Der Überlieferer, der in dem uns vorliegenden Text genannt wird, ist Abū an-Naṣr Muḥammad bin al-Ḥasan bin Sulaymān. Er bringt jedoch Abū Bakr Muḥammad bin al-Ḥasan bin Aḥmad – also jemanden, der eine andere Kunya UND eine ganz andere Abstammung hat! As-Simsār ist lediglich die Bezeichnung für einen Beruf. Es sind zwei komplett verschiedene Personen, die weder gleich genannt wurden, noch die gleiche Abstammung haben!
Das Manuskript der Ẓāhirīyah-Biblihothek, was die Basis für die beiden entscheidenden Muḥaqqiqūn des Buches war, enthält den Namen Abū an-Naṣr Muḥammad bin al-Ḥasan bin Sulaymān as-Simsār sehr deutlich. Siehe „Abbildung 37: As-Simsār im Manuskript der Ẓāhirīyah-Biblihothek“.
Es gibt den Ansatz, statt Abū an-Naṣr Muḥammad bin al-Ḥasan bin Sulaymān eher Abū an-Naḍr Muḥammad bin al-Ḥasan bin Sulaymān zu authentifizieren. Dabei kann man sich aber nur auf Abū Dharr al-Harawī al-Ashʿarī (رحمه الله) stützen. Und wer sich auf die Ashaʿira und ihre Einstufungen stützt, der muss genauso akzeptieren, dass genau die Überlieferungen, die die Ghulāt der Mujassima legitimieren wollen, durch sie als schwach abgelehnt wurden. Einerseits sprechen die Ghulāt der Mujassima den Takfīr auf die Asha’ira, andererseits wollen sie ihre Einstufung akzeptieren und darauf ihre ʿAqīdah aufbauen. Nur einen Teil der Einstufungen zu akzeptieren, wenn es einem passt, und einen anderen Teil zu verleugnen ist unaufrichtig und der Weg der Kinder Isrāʾīls, siehe Sure 2 Vers 85. Wer sich also auf die Asha’ira in Jarḥ wa Taʿdīl verlässt, der muss genauso akzeptieren, dass die Asha’ira die Überlieferungen, die die Mujassima für sich beanspruchen, aufgrund ihrer Überlieferer schwächen und ablehnen und somit ist man wieder am Anfang.
Ein weiterer Defekt in der Kette ist Abū ʿAbdullāh Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid al-Harawī, der unbekannt ist. Seine Biografie ist nicht aufzufinden, man weiß nicht wer er ist. Und folglich kann man keine Authentizität auf ihn aufbauen. Er schwächt die Kette des Buches. Und so sagte der Muḥaqqiq der Mujassima, Muḥammad bin Saʿīd al-Qaḥṭānī, über Abū ʿAbdullāh Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid al-Harawī in seiner Analyse der Kette:

كتاب „السنة“،منسوب إلى أبو عبد الرحمن عبد الله بن أحمد ،تحقيق محمد بن سعيد القحطاني
„Ich habe für ihn keine Biografie gefunden, in den Quellen, in die ich hineingesehen habe“
Auch diese Person ist unbekannt bei den Gelehrten und es existiert keine Biografie über sie. Es existieren trotzdem Scheinargumente der Mujassima, die mit aller Kraft versuchen, irgendetwas zu finden, um ihn als authentisch erscheinen zu lassen. Im Resultat endet es aber trotzdem in Mutmaßungen und Wahrscheinlichkeiten, nicht in Gewissheit, die zur Authentifizierung und Zuschreibung notwendig ist, vor allem bei einem Buch, das solche abscheulichen Überlieferungen enthält.
Imām Ibn Ḥibbān (رحمه الله), der in seinem Ṣaḥīḥ, Ort und Zeit für Allāh leugnet, erwähnt einen Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid aus Herat in seinem ath-Thiqāt. Aber er erwähnt dort weder seine Biografie noch erwähnt er ihn als authentisch. Er erwähnt dort lediglich eine Kette im Abteil, wo es eigentlich um ʿAbdullāh bin Dīnār al-Bahrānī ash-Shāmī geht. Es ist also lediglich eine Zuschreibung, ohne dass Imām Ibn Ḥibbān (رحمه الله) ihn dort als bekannt oder gar authentisch genannt hätte. Genauso wie er dort in der Kette als unbekannt vorkommt, so kommt er auch im sog. „Kitāb as-Sunna“ als unbekannt vor. Ein weiterer Punkt ist, dass die Kunya dort nicht genannt wird, was es noch zweifelhafter macht, als es sowieso schon ist. Ohne Biografie ist es absolut sinnlos, sowas hervorzubringen. Man weiß doch gar nicht, wer das überhaupt ist.
Abū Ismāʿīl al-Harawī erwähnt einen Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid in seinem „Dhamm al-Kalām wa Ahlihi“. Er erwähnt weder seine Herkunft noch seine Kunya. Selbst er, obwohl es in diesem Buch vorkommt, erwähnt weder seine Biografie noch authentifiziert er ihn als Person.
Imām Ibn al-Jawzī al-Ḥanbalī (رحمه الله), der ein Buch gegen die Mujassima und den Tashbīh schrieb, vor allem gegen die Leute, die sich den Ḥanābila zugeschrieben haben und auf dem Weg des Tashbīh und Tajsīm waren, erwähnte in seinem Manāqib al-Imām Aḥmad einen Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid in einer Kette. Auch hier ist es wieder eine Zuschreibung, er kommt in der Kette vor. Keine Biografie, keine Authentifizierung, nichts.
Imām Ibn al-Mulaqqin al-Ash’ari (رحمه الله) erwähnt in seinem al-Badr al-Munīr, dass Imām Ibn Ḥibbān (رحمه الله) in der Biografie von Ḥassān bin Azhar einen Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid in einer Überlieferungskette erwähnt. Auch hier ist es eine Zuschreibung in einer Überlieferungskette, keine Biografie, keine Authentifizierung. Die Person ist immer noch unbekannt, es wird nur berichtet, dass man ihm etwas zugeschrieben hat. Das stärkt die Person nicht.
Imām Ismāʿīl al-Aṣbahānī (رحمه الله), einer der Lehrer von Imām Ibn ‘Asākir al-Ash’ari (رحمه الله), erwähnt in seinem at-Targhīb wa at-Tarhīb einen Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid in einer Kette. Auch hier als Zuschreibung, ohne Biografie, ohne Authentifizierung. Die Person ist immer noch unbekannt, es wird ihr zugeschrieben, dass sie etwas überliefert haben soll, aber niemand weiß, wer es überhaupt ist.
Imām Abū al-Qāsim bin Ḥabīb an-Nīsābūrī (رحمه الله), der vorher Karrāmī, welches Mujassima sind, war, und dann Shafi’i und somit Ash’ari wurde, erwähnt in ʿUqlāʾ al-Majānīn Abū ʿAbdullāh Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid al-Harawī. Jedoch, wie man sich bestimmt schon denken kann, erwähnt er ihn lediglich als einen Überlieferer in der Kette. Er erwähnt keine Biografie von ihm und er authentifiziert die Überlieferung nicht und er authentifiziert ihn als Überlieferer auch nicht. Es beweist nichts. Es wird ihm lediglich zugeschrieben, dass er etwas überliefert, was wir nicht leugnen.
Imām Ibn ‘Asākir al-Ash’ari (رحمه الله) erwähnte in Tārīkh Dimashq einen Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid in einer Überlieferungskette. Er erwähnt nicht seine Biografie, er authentifiziert ihn nicht als Überlieferer und er authentifiziert nicht die Überlieferungskette. Es wird ihm zugeschrieben, dass er etwas überliefert hat. Kein Beweis, nichts.
Wenn Abū ʿAbdullāh Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid al-Harawī doch also authentisch sein soll, wieso verlassen sich die Mujassima auf solche schwachsinnigen Argumente? Wie können sie die Überlieferungskette einer Überlieferung mit der Person anführen, als ob das irgendetwas beweisen würde? Warum bringen sie keine Biografie von einem der klassischen Gelehrten? Es ist geradezu lachhaft sowas als Argument hervorzubringen, wenn es darum geht, dass die Person unbekannt ist. Eine Überlieferungskette schreibt zu. Das ist der ganze Sinn einer Überlieferungskette. Nur, weil eine Person in der Überlieferungskette vorkommt, macht sie das nicht stark. Und das weiß auch jeder, und niemand würde so ein schwachsinniges Scheinargument hervorbringen, außer die Mujassima in ihrem Eifer darin, dem Herrn der Welten menschliche Eigenschaften zuzuschreiben.
Wenn die bloße Erwähnung in einer Überlieferungskette eine Person stärken würde, dann wofür gäbe es ʿIlm ar-Rijāl und Jarḥ wa Taʿdīl? Wozu stuft man dann überhaupt noch Überlieferungen ein, wenn man doch sowieso jeden, der bloß genannt wird, als authentisch akzeptiert? Nein, vielmehr wollen sie ihn als authentisch akzeptieren, weswegen sie solche Scheinargumente bringen. Keiner kennt Abū ʿAbdullāh Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid al-Harawī, niemand hat seine Biografie. Er ist unbekannt und somit kann man sich keinesfalls auf ihn verlassen in der Zuschreibung.
Und ich habe in der Nennung der Gelehrten, die ihn erwähnten, extra notiert, um was für Gelehrten es sich überhaupt handelt. Und es sind natürlich wieder Gelehrten, auf die die Ghulāt der Mujassima aufgrund ihrer ʿAqīdah Takfīr aussprechen müssten. Von welchen Leuten nehmen sie also ihre Religion? Von den Leuten auf die sie den Takfīr aussprechen!
Wie wir also gesehen haben, ist Abū ʿAbdullāh Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid al-Harawī unbekannt und somit schwach. Die Überlieferungskette des Buches ist nicht authentisch und wird somit nicht akzeptiert. Die Überlieferungen, wenn sie in anderen Quellen vorkommen, werden über ihren Weg überprüft und gegebenenfalls einzeln authentizifiert, oder auch nicht.
Es muss erwähnt werden, dass Qaḥṭānī auch einen entscheidenden Punkt der Unaufrichtigkeit bezüglich dieses Buches hat. Denn er selbst stellte, wie ich bereits zitierte, das Prinzip auf: „Wenn der Beweis der Wahrscheinlichkeit unterliegt, entfällt damit die Schlussfolgerung“. Und er selbst, wie ich auch zitiert habe, hat die Kette des Buches nicht authentifizieren können. Er hat nicht mal Biografien gefunden für zwei der Überlieferer in der Kette. Er kann also gemäß seinem eigenen Prinip das Buch nicht als authentisch bezeichnen, was er aber trotzdem tut. Seine Aufrichtigkeit ist höher als die von Ḥamdān, aber Ḥamdān ist kein hohes Maß diesbezüglich.
Nehmen wir aber mal an, dass die Biografie von Abū ʿAbdullāh Muḥammad bin Ibrāhīm bin Khālid al-Harawī noch irgendwann gefunden werden sollte, und nehmen wir selbst an, dass man jeden Überlieferer in der Kette des Buches als authentisch und auf der höchsten Stufe angenommen hätte: Wie hat man mit dem umzugehen, was in diesem Buch überliefert wird?
Es ist wichtig diese Frage zu beantworten, denn spätere Gelehrten, wie Imām al-Kawthari (رحمه الله), gingen nicht auf die Kette des Buches ein und redeten aus der Perspektive, als ob das Buch authentisch wäre. Und auch wenn wir den Text mit der Kette, die uns gerade vorliegt, nicht als authentisch bezeichnen können, müssen wir darauf eingehen und alles erklären.
Imām al-Kawtharī (رحمه الله) zitierte in seinem Maqālāt die Überlieferungen dieses Buches und legte sie offen und klar. Er zeigte, dass in diesem Buch Überlieferungen überliefert werden, die klaren Kufr enthalten. Er redete natürlich gegen diese Überlieferungen und er kritisierte sogar ʿAbdullāh bin Aḥmad und redete aus der Perspektive, als ob er es tatsächlich geschrieben hätte. Es ist nicht notwendig ʿAbdullāh bin Aḥmad für dieses Buch zu kritisieren, da wir es ihm nicht authentisch zuschreiben können. Außerdem, selbst wenn er es verfasst hätte, so verfolgte er die Methodik der Muḥaddiṯūn, wie es Sheikh al-Islām Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī (رحمه الله) bereits erklärte und wie bereits oben zitiert wurde: Wenn sie eine Überlieferung mit Kette zitieren, so glaubten sie nicht, dass sie nicht an seine Bedeutung per se gebunden sind oder gar damit übereinstimmen müssen. Auch bei Imām al-Qāḍī Abū Yaʿlā (رحمه الله) war es so, dass er sammelte. Und auch bei Imām aṭ-Ṭabarānī (رحمه الله) war es so, dass er schwache Berichte sammelte. Wenn die Gelehrten nicht auch schwache Überlieferungen mit ihrer Kette erwähnt hätten, so wäre es den Fälschern leichter gefallen, die Überlieferer in den Ketten zu tauschen und eine Überlieferung dadurch stark erscheinen zu lassen. Nicht jedes Buch, ist für die breite Öffentlichkeit und die Laien bestimmt. Vielmehr gibt es Bücher mit Überlieferungen, die man verborgen hat und verbergen sollte, damit die Leute nicht wegen schwachen Dingen, mit denen sie nicht umgehen können, in Zweifel geraten und dadurch das Feuer betreten auf ewig. So sagte auch Imām al-Kawtharī (رحمه الله) in seinem Maqālāt:



„Die Leute des Wissens verbaten dieses Buches (zu) zeigen, verbergend seiner schändlichen Sachen vor den Augen. Danach erschien ein Erscheinender am Ende der Zeit, (der) sich keine Gedanken machte über die Folgen und er begriff nicht, was es von dem weiten Irregehen enthält. Er bemühte sich in seinem Druck und seiner Verbreitung, so wurde es von den Orientalisten und anderen fortgerissen, bis dass in diesem Land unwissende Unachtsame angefangen haben, sie rufen auf zu was in „Kitāb as-Sunna“ ist, das Erwähnte (was dort zugeschrieben wird an schwachen Überlieferungen) öffentlich, offen“
So schließen wir mit der Erlaubnis Allāhs ab: Das sogenannte „Kitāb as-Sunna“, was Abū ʿAbdurraḥmān ʿAbdullāh bin Aḥmad bin Ḥanbal zugeschrieben wird, ist mit der uns vorliegenden Kette und dem Text, nicht authentisch auf ihn zurückzuführen. Und, gemäß der Methodik der Muḥaddithūn, ist die bloße Erwähnung einer Überlieferung kein Beweis für ihre Authentizität.